Das Bundesverfassungsgericht hatte den Gesetzgeber aufgefordert bis zum 30.06.2016 die Regelungen zur Besteuerung von Unternehmenserben zu reformieren. Diese Frist wurde nicht eingehalten. Eine Einigung ist noch nicht in Sicht.
Welche Möglichkeiten hat das Bundesverfassungsgericht nun?
Variante 1:
Das Gericht könnte die verstrichene Frist nachträglich verlängern, z.B. bis zum Ablauf des 31.12.2016.
Variante 2:
Das Gericht könnte ebenso die derzeit (wohl trotz Fristüberschreitung noch) geltenden Regelungen für Unternehmenserben außer Kraft setzen.
Variante 3:
Das Verfassungsgericht könnte aber auch eigene Regelungen entwickeln und diese kraft sog. Vollstreckungsbeschlusses in Kraft setzen.
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht/Steuerberater Dr. Joerg Andres, Dozent und Fachbuchautor für Erbrecht, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht kommentiert die aktuelle Entwicklung:
Eine weitere Fristverlängerung zugunsten des Gesetzgebers ist aus heutiger Sicht eher unwahrscheinlich. Zu sehr hat das Bundesverfassungsgericht in den letzten Wochen aufs Tempo gedrückt und den Gesetzgeber gemahnt, endlich tätig zu werden. Zugleich hat das Gericht in einer Pressemitteilung angedeutet, ansonsten selbst eingreifen zu wollen.
Ein bloßes Außerkraftsetzen der geltenden Regeln zur Besteuerung von Unternehmenserben erscheint ebenfalls nicht wahrscheinlich. Das Gericht schreibt sich hier selbst zu große Kompetenzen zu, als weiter tatenlos zuzusehen, wenn der Gesetzgeber es weiterhin nicht schaffen sollte, selbst geeignete Regeln aufzustellen.
Daher scheint aus heutiger Sicht die dritte Variante die wahrscheinlichste, wenn der Gesetzgeber bis zum Ende des Monats September 2016 nicht gestalterisch tätig geworden sein sollte.
Man darf gespannt sein, welche Regeln das Bundesverfassungsgericht aufstellen wird.
Soviel scheint sicher: Attraktiver werden diese Regelungen für Unternehmenserben nicht werden, da die derzeit noch geltende 85 – 100-prozentige Verschonung von der Erbschaftsteuer kaum zu überbieten ist.